Da sagte der Vater zu ihm: ›Mein lieber Junge, du bist immer bei mir. Und alles,was mir gehört, gehört auch dir. Aber jetzt müssen wir doch feiern und uns freuen. Lukas 15, 31f
Vor Weihnachten.
Anstehen mit Abstand.
In der Freien Strasse lange Schlangen
vor dem Louis Vuitton Shop, dem New Yorker und dem Apple Store.
Wofür bin ich bereit, wie lange zu warten?
Ich reihe mich in die Reihe vor den Fotoautomaten ein.
Es stehen gleich mehrere Geräte nebeinander.
Man lädt seine Bilder vom Handy oder einem Speichermedium auf den Bildschirm,
wählt aus und startet die Bestellung.
Und wartet.
Im Minutentakt spuckt die Maschine die Bilder aus.
Beschleunigen geht nicht.
Ein Clique junger Frauen bringt sich selbst auf Weihnachtskarten.
Bilder vom Strand und in Abendkleidung.
Ein junger Mann war schon an einem Gerät, als ich kam. Und ist es auch noch, als ich gehe.
Er scheint Vater geworden zu sein.
Das neugeborene Wunder und seine Mutter in allen Varianten.
Maria mit Kind 2.2. Wundern soll sich alle Welt. Am meisten tuts Papa.
Eine andere junge Frau wählt für ihre Familie Grossformat.
Ich spinne mir daraus eine Geschichte.
Ob sie stimmt?
Ihre Schwester hat sich verlobt.
Sie war dafür das letzte Mal zuhause.
Vielleicht im Mai.
Man sieht ein Hotel.
Das Meer.
Ein junges Paar in Festkleidung.
Ein älterer Mann. Und einmal auch eine ältere Frau.
Die Eltern vielleicht. Doch irgendwie nicht Paar.
Alle stehen stets nah zusammen und schauen in die Kamera.
Familienaufstellung.
Nur einmal erkenne ich auch die Frau neben mir darauf.
Sonst scheint sie fotografiert zu haben.
Familienglück als Ferienglück.
Ägypten? Libanon? Marokko? Türkei?
Ist sie allein in Basel?
Wie wird sie die Festtage verbringen in dieser reiselosen Zeit?
Sind die Bilder ihr Weihnachtsschmuck für den Hausaltar?
Papierene Stellvertreter für das, was nicht (hier) ist?
Ein Tag Fotoautomat sein.
Die Traummaschine verschiedenster Menschen.
Das Glück im Format 10 x 15 oder 13 x 18.
Es ist so einfach und doch oft so schwer oder so fern.
Liebe. Leben.
Freundschaft. Familie.
Aisgelassenheit. Entspannung.
Der Automat spuckt nur die dünnen Spitzen aus.
Kostbarste Momente.
Darunter viel Sehnsucht und Einerlei.
Arbeit und Alltag.
Ferne und Verlorenheit.
Nicht des Festhaltens wert.
Vom 2020 wird die Traummaschine deutlich weniger Bilder zu verarbeiten haben als von anderen Jahren.
Sind sie es wirkich nicht wert?
Oder einfach nicht fotografierbar?
Schliesslich sind meine Bilder fertig.
Die Kindertruppe des Weihnachtsspiels in ihrem Festagskostüm.
Hirte. Engel. Maria. Wirt.
Auch ein Glück.
Ich freue mich, einige davon am kommenden Sonntag im Gottesdienst für GROSS & klein zu sehen.
philipp.roth@erk-bs.ch
Kirchgemeinde Kleinbasel
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