Direkt zum Hauptbereich

Komm nicht näher


Und Gott sprach: Komm nicht näher! Exodus 3, 5

Beschluss des Bundesrats: Ab nächsten Montag noch mehr Abstand, Homeoffice, Isolation.
Man fragt sich, wie lange das noch dauert.
Und ob man, wenn man endlich wieder näher darf, einander überhaupt noch erträgt.

Abstandsregeln spielen in den Religionen einen wichtige Rolle.
In Tempeln und Heiligtümern ist genau geregelt, wer zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Zeremonien dem Heiligen am nächsten kommen kann.

Mose trifft beim Weiden seiner Schafe auf den brennenden Dornbusch.
Gott spricht ihn aus dem Feuer an: Mose, Mose!
Mose sagt: Hier bin ich.
Gott sagt: Komm nicht näher.

Das Leben ist uns heilig.
Wir halten Abstand, um es zu schützen.
Mit jeder Welle entschlossener und länger.
Soweit so einfach.
Komplizierter wird es, wenn wir fragen, was wir meinen, wenn wir ,Leben' sagen.
Körperliche Gesundheit? Ausschliesslich?
Wieviel körperliche Gesundeheit darf für seelische und soziale Gesundheit riskiert werden?
Wieviel für wirtschaftliche?

Wir haben über die Festtage einen Mittelweg gefunden.
Die Schulen bleiben nun offen.
Die Alters- und Pflegheime, die ich betreue, sind nicht mehr vollständig geschlossen wie im letzten Frühjahr.
Doch Kultur, Restaurants, Sport, bald auch der Detailhandel und das weitere soziale Leben finden nicht statt.
Der Preis ist hoch.
Einige bezahlen viel.

Über böse Mächte lehrt die Religionsgeschichte auch dies:
Sie lassen sich nur mit hohen Opfern besänftigen.

Es sind noch viele Mittelwege zu finden.
Auseinandersetzungen inklusive.
Es geht nicht darum, was gut ist.
Es geht darum, was weniger schlimm ist.
Und schliesslich wieder zueinander führt.

Denn am Ziel ist man auch in den Religionen nicht dann, wenn der Abstand klar eingehalten wird.
Sondern, wenn er ganz wegfällt und man eins mit dem Heiligen wird.
,Näher mein Gott zu dir...'

Oder frei nach Ella Fitzgerald und Louis Armstrong:

It's not the pale moon that excites me
That thrills and delights me, oh no
It's just the nearness of you

Ella Fitzgerald / Louis Armstrong
Norah Jones

philipp.roth@erk-bs.ch
Kirchgemeinde Kleinbasel

 






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

liedlos glücklich?

Tragt euch gegenseitig Psalmen und Hymnen und geistliche Lieder vor. Singt für den Herrn und preist ihn aus vollem Herzen !  Epheser 5, 19 Ich warte gerne mit einem Blog, bis sich die Gedanken etwas gesetzt und geklärt haben. Diesmal gelingt es nicht. Ab Pfingsten dürfen wir uns wieder in der Kirche zum Gottesdienst versammeln. Noch ist nicht entscheiden, wie das bei uns konkret aussehen wird. Noch ist auch nicht entschieden, ob das, was dann stattfinden kann, sich annähernd so anfühlen wird, wie das, was mal war. ,Der Weg zurück ist schwieriger als der Weg heraus,' ist bereits ein geflügeltes Wort. Und in unserem Fall ist das ,zurück' hauptsächlich örtlich zu verstehen. Von der E-Church geht es wieder in die Reality-Church. Darauf freue ich mich. Auf die analogen Begegnungen, das Grüssen, in die Augen schauen und ins Gesicht sagen. Einander gegenüberstehen und sich spüren. Und auf das direkte Miteinander in unseren schönen, erinnerungsgetränkten Gemeinschaftsräumen, man...

Dichtes Gedränge

Daran will ich denken und mich in meiner Seele erinnern, dass ich einherging in dichtem Gedränge, mit ihnen ging zum Haus Gottes mit lautem Jubel und Dank in feiernder Menge.  Psalm 42, 5 Nun ist das social distancing auch in den Träumen angekommen. Es muss ein Geburstagsfest gewesen sein. Oder eine Silvesterparty. Es war spät und draussen war es kalt. Am Buffet wurde gequatscht und sämtliche Sitzgelegenheiten waren besetzt. Manche sassen auf dem Boden oder standen in der Küche. Wie lange ist es her, seit ich das das letzte Mal erlebte? Ich liebe solche open houses, solche nicht choregraphierten Parties. Kommt einfach. Müsst nichts mitbringen. Oder einfach, was ihr habt. Es hat genug. Hauptsache zusammensein. Eines Blase Sorglosigkeit am Freitagabend. Man kommt und geht. Und so, wie man's macht und wie es ist, ist es gut. Nicht Etikette, Personen sind die Hauptsache. Die Erinnerung an dieses Glück muss irgendwo in meinem Unterbewusstsein erwacht sein. Die Sehnsucht danach. Wenn es ...

Nähe mit Abstand

Public celebrating am Pfingstsonntag in der Thedorskirche / Bild: Rudolf Steiner ...damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.  Psalm 91, 12 Um die Relationen zu sehen muss man über die eigene Nasenspitze hinaus sehen. Ich habe die Kirche vom letzten Sonntag vor Augen. Der Schmerz zusammen getrennt und getrennt zusammen zu sein. Und die Angehörigen die seit 3 Monaten nicht zu ihrer Mutter im Alterszentrum können. Ärgerlich! Und lese am gleichen Tag wie ein Sohn das Verschwinden seines Vaters im überforderten Gesundheitssystem in Queens NYC beschreibt. Aus einem vitalen 60-Jährigen noch nie im Spital wird ein positiv Getesteter der zunächst nur zur Überwachung ins Spital kommt dann immer stärkere Atemnot kriegt bis er intubiert und beatmet werden muss. Der Kontakt beschränkt sich aufs Handy. Vom Spital niemand erreichbar. Schliesslich eine letzte SMS: ,Ich kriege eine Narkose. Ich liebe dich.' Erst Tage später der Anruf des Arztes. ,Ihr Vater ist letzte Nacht gestorben.' ,Ich h...