Nun hat auch der Chinesische Götterbaum hinter dem Haus seine Blätterfächer ganz draussen. Lautlos bewegt er seine Feenhände und seiht die Luft, um uns dann verwandelt - unsichtbar und geheimnisvoll - Sauerstoff zurückzugeben: Das, was uns Atem gibt.
Wind kannst du nicht sehen / aber, was er tut: /
Felder wogen, Wellen wandern in der Flut. (Ref Gesangbuch 516, 3)
Es hat mir gefehlt, dass ich Karfreitag und Ostern nicht so feiern konnte, wie ich es liebe. (Auf Weihnachten zu verzichten, wäre mir leichter gefallen.) Es tut gut, wenn sowohl die Tragik wie auch das Glück einmal überschiessen dürfen, alles in sich hineinnehmend, was das Leben umfasst. Und Christus dann beide an sein Herz drückt, universal weit und existenziell nah.
Üblicherweise haben es Himmelfahrt und Pfingsten nach einem solchen Sinnenrausch schwer. Doch dieses Jahr ist durch die besonderen Umstände zu einem Pfingstjahr geworden. Bereits Karfreitag und Ostern haben wir irgendwie pfingstlich gefeiert - ohne Kirchgang, ohne Besuche, Essen, Hasenjagen und Eiertütschen und was sonst diese Tage erfüllt. Und doch verbunden, kräftig, durch die unsichtbaren Wunder der Technik und die Wunder des unsichtbaren Geistes. Und nun, gerade rechtzeitig auf Pfingsten, dürfen wir uns auch wieder in der Kirche treffen - auch wenn dieses Treffen noch recht fern an die alten Gottesdienste erinnern wird.
Pfingsten ist ein Widerspruch in sich. Ein Fest versucht etwas auf den Punkt zu bringen. Auf den Punkt eines Tages im Kalender. Weihnacht feiert die Geburt Jesu. Karfreitag bedenkt den Tod. Ostern die Auferstehung.
Himmelfahrt und Pfingsten dagegen unternehmen den Versuch, genau das auf den Punkt zu bringen, was man von nun an nicht mehr auf den Punkt bringen kann: Mit der Himmelfahrt zerstreut sich Christus in die Weite von Raum und Zeit. (Vielleicht ist das ein tieferer Grund, warum viele nicht checken, was man feiert. Geist 'checkt' man nicht.) Mit dem Pfingstrausch wird Gott im Geist überall und jederzeit gegenwärtig. Hier und dort. Heute, gestern, morgen. In mir und im Mitmenschen. Statt ein Punkt an einem Ort in einem Moment unzählige Funken an tausend Orten und zu allen Zeiten. Pfingsten hält fest, dass Gott bewegt.
Geist kannst du nicht sehen; / doch wo er will sein, /
weicht die Angst und strömt die Freude mächtig ein. (RG 516, 3)
weicht die Angst und strömt die Freude mächtig ein. (RG 516, 3)
In den vergangenen Wochen haben wir uns in der Kirchgemeinde Kleinbasel stark als Einheit erlebt, die ganz pfingstlich aus vielen, ganz verschiedenen Einzelnen an den verschiedensten Orten bestand. Nun, an Pfingsten, dürfen wir uns wieder in unserem Gemeinschaftshaus ,Theodorskirche' versammeln (10:00, ,public viewing' des Online-Gottesdienstes). Ich freu mich sehr auf die Gesichter, die Geschichten, die Wiederbegegnungen. Und es wird mir jeden Moment bewusst sein: Was uns zuinnerst verbindet, ist nicht diese wiedergewonnene äussere Nähe, sondern der Geist des Himmels, der durch alle Wände geht und über alle Schatten springt. Durch ihn sind wir auch mit denen verbunden, die nicht da sind. Pfingstlich gesehen befinden wir uns alle im Raum des Höchsten.
*
Ich entsinne mich, dass Klaus Merz mal was zu Himmelfahrt und Pfingsten geschrieben hat. Ich schlage den Gedichtband auf. Auf der letzten Seite wirft er ein paar Sätze von einem Festtagsspaziergang im Oberaargau hin. (,Um diese Zeit ziehen sie in Beromünster den Heiland in den Dachboden hinauf.') Das Gedicht endet mit einem Pfingstversprechen:
Auf der Wyna (Bach der Region)
zieht eine Flaschenpost
bachab Richtung Rhein:
,Zu Pfingsten sollen eure
Köpfe schiffbar sein!'
verspricht uns der Herr. (Klaus Merz, Aus dem Staub, Gedichte, 2010, S. 83)
zieht eine Flaschenpost
bachab Richtung Rhein:
,Zu Pfingsten sollen eure
Köpfe schiffbar sein!'
verspricht uns der Herr. (Klaus Merz, Aus dem Staub, Gedichte, 2010, S. 83)
Viel hat sich bewegt in unseren Köpfen in den letzten Wochen.
Schon lange nicht mehr soviel.
Jetzt, an Pfingsten, sind sie schiffbar.
Alles fliesst.
Und wir lassen uns vom Geist treiben.
Schon lange nicht mehr soviel.
Jetzt, an Pfingsten, sind sie schiffbar.
Alles fliesst.
Und wir lassen uns vom Geist treiben.
Philipp Roth
Sonntag/Pfingsten, 31. Mai, 10:00
Soundscape Pfingsten
Online-Gottesdienst auf unserem Youtube-Kanal
mit Prof. Dr. Andrea Bieler, Diakon Tobias Dietrich, Pfr. Philipp Roth; Nicoleta Paraschievscu, Orgel; Isabelle Schnöller, Flöte u.a.
Soundscape Pfingsten
Online-Gottesdienst auf unserem Youtube-Kanal
mit Prof. Dr. Andrea Bieler, Diakon Tobias Dietrich, Pfr. Philipp Roth; Nicoleta Paraschievscu, Orgel; Isabelle Schnöller, Flöte u.a.
NEU: gemeinsames Feiern in der Theodorskirche als ,public viewing'
Auf Youtube finden sich auch sämtliche bisherigen Gottesdienste und weitere Formate.
Für Interessierte ohne Internet können die Sendungen auf USB-Stick bezogen und am TV mitverfolgt werden. (061 681 37 88 / eveline.michel@erk-bs.ch)
Alles Infos zu Programm, Angeboten und Mitarbeitenden immer aktuell hier.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen